Allein die falschen Kohlenhydrate machen dick

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Kohlenhydrate sind aktuellen Ernährungs-Bösewichte vor denen Experten in den letzten Jahren immer lauter warnen. Doch ist diese Bösewicht-Stellung berechtigt?

Bei Kohlenhydraten handelt es sich um Nährstoffe, die in Zucker, Honig, Getreide, Kartoffeln, Milchprodukten, Obst und Gemüse enthalten sind.

Sie dienen nahezu weltweit als relativ preiswerte Sättigung-Nährstoffe und Süßmittel.

In letzter Zeit häufen sich die Stimmen, die sagen, dass vor allem Kohlenhydrate am verbreiteten Übergewicht in den Industrieländern schuld sind. Daher wird eine kohlenhydratarme Ernährung (Low carb) empfohlen.

Was sind Kohlenhydrate überhaupt und wie wirken sie?

Im Körper wirken Kohlenhydrate als Energiespender für Bewegung und Gedankenkraft. Wenn erheblich zu viel Kohlenhydrate gegessen werden, werden sie in Fett umgewandelt und als Körperfett gespeichert.

Glukose (Traubenzucker) ist ein Baustein, aus dem sich viele Kohlenhydrate zusammensetzen, beispielsweise der normale Haushaltszucker, aber auch die Stärke in Getreide und Wurzelgemüse.

Das Gehirn ist auf Glukose angewiesen, denn nur Glukose kann vom Blut ins Gehirn gelangen. Daher ist es wichtig, dass immer ausreichend Glukose verfügbar ist.

Insulin als vermeintliches Killer-Hormon

Dafür wird die Glukosemenge im Blut, der sogenannte Blutzuckerspiegel, ständig sorgfältig überwacht und im Rahmen eines geeigneten Niveaus gehalten. Für die Blutzuckerregulierung gibt es zwei Hormone, die gegensinnig wirken: das Insulin und das Glukagon.

Beide Hormone werden von Zellgruppen auf der Bauchspeicheldrüse produziert, den sogenannten Inselzellen.

Insulin senkt den Blutzuckerspiegel und sorgt dafür, dass die überschüssige Glukose als Glykogen in Leber und Muskeln gespeichert wird. Wenn die Glykogenspeicher voll sind, dann wird die Glukose in Fett umgewandelt und als Fettpolster gespeichert.

Glukagon wirkt umgekehrt wie das Insulin. Es sorgt dafür, dass der Blutzucker erhöht wird. Dazu wird Glukose aus dem Glykogen oder aus den Fettpolstern gewonnen.

Wenn viel Insulin im Blut ist, wird die Fettverbrennung in den Muskeln für wenige Stunden verlangsamt aber nur zu etwa einem Drittel. Das dient dazu, dass die Muskeln bei der Bewegung möglichst direkt auf den überschüssigen Zucker im Blut zugreifen und sich die Energie nur teilweise aus den Fettspeichern holen. So wirkt auch körperliche Bewegung senkend auf den Blutzuckerspiegel.

Beim gesunden Menschen funktioniert die Regulierung des Blutzuckerspiegels reibungslos, sodass immer genug Blutzucker vorhanden ist, um das Gehirn zu ernähren. Es ist auch nicht zu viel Glukose im Blut, denn zu viel Zucker stört unter anderem die Fließeigenschaften des Blutes, sodass die Durchblutung schlechter wird.

Nur Menschen mit Diabetes oder Insulinresistenz, einer Diabetes-Vorstufe, habe eine gestörte Regulierung des Blutzuckerspiegels. Bei letzteren und Menschen mit Diabetes Typ 2 wird bei einer kohlenhydratreichen Mahlzeit zu viel Insulin produziert. Dadurch ist der Blutzuckerspiegel kurzfristig zu hoch und dann wird er durch das viele Insulin zu stark gesenkt. Es entsteht ein Unterzucker-Zustand im Blut (Hypoglykämie). Infolgedessen entsteht Heißhunger auf neue Kohlenhydrate.

Diese Überreaktion findet aber nur bei kranken Menschen statt, nicht bei gesunden Menschen. Auch die meisten Übergewichtigen haben nicht diese überschießende Insulinreaktion mit anschließendem Unterzucker.

Dennoch nimmt eine ganze Reihe von Experten diese krankhafte Blutzucker-Steuerung als Erklärungsmodell, um Kohlenhydrate für alle Menschen zu verdammen.

Das lebenswichtige Insulin wird häufig sogar als Killer-Hormon oder als Dickmach-Hormon bezeichnet.

Insulinresistenz

Wer wissen will, ob er eine Insulinresistenz hat, kann im nüchternen Zustand nicht nur seinen Blutzucker, sondern auch seinen Insulinspiegel messen lassen. Das ist bisher eine eher unübliche Untersuchung, obwohl man an jeder Ecke von der Insulinresistenz hört und liest.

Wenn der Insulinspiegel schon nüchtern zu hoch ist, dann besteht vermutlich eine Insulinresistenz.

Bei einer Insulinresistenz reagieren die Körperzellen nicht mehr ausreichend sensibel auf das Hormon Insulin. Daher produziert die Bauchspeicheldrüse immer mehr Insulin, um eine Wirkung zu erzielen. Der erhöhte Insulinspiegel besteht dann nicht nur nach kohlenhydratreichen Mahlzeiten, sondern auch zwischen den Mahlzeiten, also dauerhaft.

Die Insulinresistenz entsteht meistens durch Veranlagung zusammen mit zu vielen Kohlenhydraten in der Nahrung und zu wenig Bewegung über einen langen Zeitraum. Ein dicker Bauch mit viel innerem Bauchfett kann die Entstehung einer Insulinresistenz fördern. Aber nicht alle Menschen mit dickem Bauch haben eine Insulinresistenz.

Viel Bewegung hilft am besten gegen die Auswirkungen einer Insulinresistenz. Auch eine Reduzierung der gegessenen Süßigkeiten kann gegen Insulinresistenz helfen.

Wichtig ist jedoch, dass man sich nicht verrückt machen lässt. Auch extreme Diäten mit totalem Kohlenhydratverzicht sind fehl am Platz.

Glykämischer Index: Unsinn und Nutzen

Im Rahmen der Insulin- und Kohlenhydratverteufelung hat sich eine Messgröße als geeignet erwiesen, um mehrere neue Diäten zu kreieren: der glykämische Index.

Der glykämische Index gibt an, wie stark ein Nahrungsmittel den Blutzuckerspiegel erhöht.

Dadurch werden die Kohlenhydrate in gute und schlechte unterteilt, zumindest bei den zugehörigen Diäten.

Zu den bösen Kohlenhydraten gehören beispielsweise Zucker und Weißbrot, zu den guten Vollkornbrot.

Ursprünglich war der glykämische Index eine Information, die der Diabetes-Forschung diente.

Die Argumentation für die Diäten, die auf dem glykämischen Index basieren, entspricht der Insulinverteufelung:

Durch Nahrung mit einem hohen glykämischen Index wird angeblich zu viel Insulin ausgeschüttet. Dadurch soll der Blutzucker zu stark absinken. Das hat dann Heißhunger zur Folge.

Außerdem soll der erhöhte Insulinspiegel die Fettverbrennung vollständig blockieren.

Beide Argumente treffen bei gesunden Menschen nicht zu und sind auch für Menschen mit Insulinresistenz oder Diabetes nur teilweise richtig.

Bei gesunden Menschen wird nicht zu viel Insulin ausgeschüttet infolge einer kohlenhydratreichen Mahlzeit. Es kommt auch nicht zu einem Unterzucker-Zustand. So wie der Zucker aus dem Blut als Glykogen in Muskeln und Leber gespeichert wird, kann er auch wieder aus dem Glykogenspeicher geholt werden, um den Blutzuckerspiegel zu erhöhen. Dieser Vorgang findet ständig statt.

Zwei wichtige und gesunde Nahrungsmittel sind zudem Opfer des glykämischen Index geworden: Karotten und Kartoffeln.

Beide beinhalten eine geringe Menge Kohlenhydrate, die einen hohen glykämischen Index aufweisen. Da der glykämische Index ignoriert, wie viele der Kohlenhydrate in einem Nahrungsmittel enthalten sind, werden Karotten und Kartoffeln so behandelt, als würden sie ausschließlich aus Kohlenhydraten bestehen.

Karotten und Kartoffeln gelten bei Glykämischer-Index-Diäten also als schlecht und sollen vermieden werden.

Dabei enthalten Karotten gerade einmal 4,6 Gramm Kohlenhydrate auf 100 Gramm. Sie sind kalorienarm und schmecken sowohl roh als auch gekocht angenehm. Außerdem enthalten sie viele Vitamine und Spurenelemente. Daher sind sie sehr geeignete Nahrungsmittel, wenn man abnehmen will.

Kartoffeln enthalten zwar etwa 15 Prozent Kohlenhydrate, was aber immer noch relativ wenig ist, im Vergleich zu Zucker oder Brot. Außer Kohlenhydraten enthalten Kartoffeln relativ viel hochwertiges Eiweiß, Vitamine und Spurenelemente. Der größte Vorteil von Kartoffeln ist ihre starke Sättigungswirkung. Schon zwei bis drei mittelkleine Kartoffeln können ausgiebig sättigen und zufrieden machen. Dabei haben sie relativ wenig Kalorien, machen also nicht dick. Das macht Kartoffeln zu einem idealen Abnehm-Nahrungsmittel.

Die Vorteile dieser beiden wertvollen Nahrungsmittel entgehen den Menschen, die sich nach dem glykämischen Index ernähren.

Ein weiterer Nachteil einer Ernährung nach dem glykämischen Index ist, dass der Verzicht auf böse Kohlenhydrate oft durch vermehrte Fettaufnahme ausgeglichen wird. Ein Abnehmerfolg bleibt dann aus.

Was soll man von einer Ernährungslehre halten, die auf falschen physiologischen Grundlagen basiert und wichtige Nahrungsmittel zu Unrecht verbietet? Zunächst einmal nicht viel.

Doch wenn man diese Diäten genauer betrachtet, haben sie in der Praxis einige Erfolge aufzuweisen.

Auch wenn die physiologische Erklärung nicht stimmt, so verbieten diese Diäten in erster Linie Nahrungsmittel, die in unserer Überflussgesellschaft zu Übergewicht führen.

Wenn man weitgehend auf Süßigkeiten und Weißmehlprodukte verzichtet, kann dies durchaus beim Abnehmen helfen.

Insofern kann die Ernährung nach dem glykämischen Index durchaus bei manchen Menschen zur Gewichtsabnahme führen.

Viele Menschen, die sich sehr streng nach dem glykämischen Index ernähren, berichten jedoch von ausgeprägtem Frust. Das liegt daran, dass Kohlenhydrate zufrieden machen.

Anstatt einer strengen Diät nach dem glykämischen Index empfiehlt sich daher eher eine Reduzierung der Kohlenhydrate mit Augenmaß.

Kohlenhydrat-Sucht

Zum Erfolg der kohlenhydrat-reduzierten Diäten trägt sicherlich eine fatale Eigenschaft der Kohlenhydrate bei: sie können süchtig machen.

Die Wurzel für die Kohlenhydrat-Sucht liegt wahrscheinlich schon in der Steinzeit. Auch damals schon brauchte das Gehirn Glukose, um sich zu ernähren.

Zwar kann der Körper Fette und Proteine in Glukose umwandeln, doch das ist relativ umständlich und dauert eine Weile.

Daher war das Gehirn schon damals sehr daran interessiert, süße oder stärkereiche Nahrung zu erhalten. Es hat also Mechanismen entwickelt, um das Verlangen nach solchen Nahrungsmitteln zu steigern. So war es immer ein Fest, wenn süße Früchte oder Honig gefunden wurden.

Das starke Verlangen nach kohlenhydratreicher Nahrung ist bis heute geblieben, zumindest bei vielen Menschen. Dieses Verlangen wird unter anderen dadurch bewirkt, dass durch kohlenhydratreiche Nahrung vom Gehirn Endorphine ausgeschüttet werden. Endorphine sind Hormone, die glücklich machen.

Fatalerweise steigert sich das Verlangen nach Kohlenhydraten, je mehr man davon isst. Das ist ähnlich wie bei anderen suchterzeugenden Substanzen. In einer Welt, deren Supermärkte und Küchenschränke voller Kohlenhydrate stecken, kommt es so leicht zu einer Überversorgung mit Kohlenhydraten und einem immer stärkeren Suchtverhalten.

Das Gehirn und der Körper haben zwar im Laufe der Jahrtausende Mechanismen entwickelt, wie sie mit Kohlenhydrat-Mangel umgehen können. Aber für eine dauerhafte Kohlenhydrat-Schwemme gibt es noch keine zuverlässigen Mechanismen, weil dieses Problem neu ist.

Eine Kohlenhydratsucht liegt nahe, wenn man einfach nicht genug bekommt, von den Kohlenhydraten, obwohl man schon genug gegessen hat.

Bei vielen Betroffenen äußert sich das als nahezu unstillbarer Süßigkeiten-Hunger. Bei anderen zeigt sich eine starke Gier nach Sättigungsbeilagen wie Reis, Kartoffeln oder Brot.

Die Kohlenhydrat-Sucht hängt zumindest teilweise mit der Endorphin-Ausschüttung des Gehirns zusammen. Weitere Details sind jedoch noch nicht vollständig geklärt.

Wenn man den Eindruck hat, dass man eine Kohlenhydrat-Sucht hat, dann muss man im Prinzip eine Art Entzug durchführen.

Die radikalste Form wäre eine zeitweilige extrem kohlenhydratarme Ernährung. Doch diese radikale Entwöhnung ist für die meisten Menschen zu frustrierend und lässt sich daher kaum durchhalten. Auch wissenschaftliche Studien haben herausgefunden, dass eine sehr kohlenhydratarme Ernährung unzufrieden macht. Daher funktioniert sie meistens nicht auf Dauer, weil die meisten Menschen diese Ernährungsform relativ bald wieder aufgeben.

Andere Betroffene entwöhnen sich mit einer Ernährung nach dem glykämischen Index. Hier passt zwar das physiologische Erklärungsmodell nicht zum Problem, aber der Effekt kann bei manchen Menschen erfolgreich dennoch sein.

Wieder andere Betroffene verzichten auf weißen Zucker und Weißmehlprodukte. Da dadurch meistens der gesamte Kohlenhydrat-Verzehr erheblich eingeschränkt wird, kann diese Methode manchmal helfen. Aber wer statt Fabrikzucker massenhaft Honig und Trockenfrüchte isst, behält sein Problem.

Eine relativ entspannte Methode, um von den schlimmsten Folgen der Kohlenhydrat-Sucht loszukommen, ist abendlicher Kohlenhydrat-Verzicht. Bei vielen Menschen ist Heißhunger nach Süßigkeiten und anderen Kohlenhydraten abends am schlimmsten. Wenn man bei der Abendmahlzeit weitgehend auf Kohlenhydrate verzichtet, und sich stattdessen mit Proteinen satt isst, dann fällt der Heißhunger deutlich geringer aus. Morgens kann man hingegen reichlich Kohlenhydrate essen. So werden unter anderem ausreichend Endorphine ausgeschüttet, um zufrieden zu bleiben. Das Gehirn erhält dadurch genug Kohlenhydrate und muss keine Protest-Aktionen starten, die sich als Heißhunger-Attacken äußern.

Fazit: Sind Kohlenhydrate böse oder nicht?

Bei all den vielen Informationen über Kohlenhydrate stellt sich weiterhin die Frage, ob Kohlenhydrate nun schädlich sind oder nicht.

Die Antwort darauf kann nur sein: beides.

In Maßen genossen sind Kohlenhydrate sicherlich ein guter Nährstoff mit zahlreichen Vorteilen. Sogar den verpönten weißen Zucker kann man in geringen Mengen zu sich nehmen, ohne gleich krank zu werden.

Wenn man jedoch übermäßig große Mengen Kohlenhydrate zu sich nimmt, dann wird man davon dick und möglicherweise auch krank. Am schlimmsten wirken sich hier zweifellos der Fabrikzucker und Weißmehlprodukte aus. Doch auch mit Vollkorn, Honig und Trockenfrüchten kann man dick und krank werden, wenn man es übertreibt.

Es kommt also auf die Menge an.


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